ich als
Box, Lack, Sockel
2008
27.6.2010
23.6.2010
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NIKLAS LICHTI
1/2010
Heft, 48 S., Geheftet, 13,5 x 18,5 cm, 5 Texte, 12 Collagen
Abb.: Cover, S. 28-29, S. 46-47
Textauszug:
An alle mit den Frisuren: Man sollte sich singen! In einem Raum mit prismatischer Wirkung wird alles ins Monumentale vergrössert. Alles darin Enthaltene unweigerlich skaliert. Modellhaftes fällt mit der tatsächlichen Ausführung so zusammen, dass es schließlich ununterscheidbar ist. Unerträglich ist aber nicht die spektakuläre Übertreibung, sondern das Deckungsgleiche bildet das eigentliche Problem. Auch erfundene Geistesverwandtschaften bleiben selten folgenlos; vielleicht niemals. Ein bestimmtes Wissen bringt bestimmtes Müssen mit sich, dahinter kann man nicht zurücktreten. Genealogien von Wissen offenbaren also immer auch eine Geschichte des Unfreiwilligen. Der etwas abgestandene Konsens wird weitergereicht und weitergereicht und erinnert irgendwann an schlechten Atem beim Stille Post spielen. Deshalb ist der Blick auf die geistigen Ahnen nicht notwendigerweise mit Bewunderung und Wohlwollen verbunden. Deshalb und weil man vielleicht falsch verstanden hat. Die Loge der Vernunftclowns ist eine Festung. Innen sitzen sie und lachen bis Erkenntnis sich einstellt. Wer rein will bleibt draußen, oder hat sehr guten Humor. Ungefähr alle zehn Dekaden wird einer aufgenommen. Das angesichts solcher Kriterien viele an den Türen kratzten lässt sich denken. Aber als Beispiel ist das schlecht gewählt, zu hermetisch ist der Kreis und zu unbekannt mir deren Dynamik. Eine etwas offenere Gesellschaft, das Bankett von Armorica, oder die Sitzung der zwölf Geschworenen – 12 Angry Men. Henry Fonda als Vernunft, als Architekt. Elf sind entschlossen ein Todesurteil auszusprechen, Fonda entzündet den Zweifel. Am Ende hat der Zweifel Erkenntnis gestreut und das Große im Kleinen sich wiederholt. Der Barde hängt gefesselt und geknebelt am Baum und vieles wurde nicht erzählt. Zum Beispiel, wie baut der vernunftversessene Architekt? In der Logik des Musicals bliebe die Frage nicht unbeantwortet, denn Fonda hätte seine Baustelle betanzt und sich besungen. Das macht keinen Sinn, wäre aber schön anzusehen; eine tanzende Figur im Rohbau. Bei einem solchen Regieeinfall hätte Fonda entweder sein Profil erweitern müssen, oder die Rolle niemals angenommen. Sein grundböser Frank wäre jedenfalls knapp zehn Jahre später bestimmt nicht möglich gewesen. Nicht zu denken an all die Westernrollen in der Zeit dazwischen. Mit Mein Name ist Nobody schließlich, vollzieht er – etwas widerstrebend – eine Wende hin zur Ironie des Alters; eine belustigte Begegnung mit dem inneren Gunslinger, der keiner mehr sein will. Den drängt es nach Europa in den Ruhestand. Seine Sehnsucht nach dem alten Kontinent, zeigt sich jedoch als eine mehrfache Überlagerung der Sehnsüchte: Italiener entwerfen für Amerikaner und Europäer den Amerikaner im Westen. Der Mann namens Beauregard will nach Europa, wo die Zivilisation ihre tiefen Rillen gefurcht hat. Nach den Jahrzehnten tierischer Kraftgesetze, ersehnt er sich die Ruhe der eingespielten Kultur. Das wirkt als würde jemand in den Mutterschoß zurückkriechen wollen, aber so biedermeierlich ist das von Sergio Leone sicherlich nicht gemeint. Denn manche Geschichten werden auch einfach so erzählt, nur weil es möglich ist. _ Es ist durchaus zulässig, in einem gewissen logischen Ton zu sagen, Geister existieren, und dann wieder in einem anderen logischen Ton zu sagen, Körper existieren; aber diese Ausdrücke zeigen nicht verschiedene Arten von Existenz an, denn Existenz ist nicht ein Gattungswort wie Farbe oder Geschlecht. Sie zeigen vielmehr zwei verschiedene Bedeutungen des Wortes existieren an, etwa so wie das Wort steigen in dem Satz die Flut steigt etwas anderes bedeutet als in die Erwartung steigt oder das durchschnittliche Sterbealter steigt. Es wäre ein schlechter Witz zu sagen, dass jetzt also drei Dinge steigen, die Flut, die Erwartung und das durchschnittliche Sterbealter. Es wäre ein ebenso guter oder schlechter Witz zu behaupten, dass Primzahlen, Mittwoche, die öffentliche Meinung und Flotten existieren; oder dass sowohl Geister wie Körper existierten. Gilbert Ryles Nachdruck galt der Mythosbereinigung. Egal ob guter oder schlechter Witz, das Gespenst in der Maschine sollte vertrieben werden. Denken und Handeln, Körper und Geist nicht mehr als unterschiedliche Entitäten der gleichen Art verstanden werden. Ryle suchte den formalisierten Weg über die Logik, ein Denken mit Nachhaltigkeit. Um seine Polemik zu erklären, beschreibt er sich bereits in seiner Einleitung als frisch gewendeten: Von Saulus zu Paulus oder umgekehrt. Das erklärt aber auch seine analytische Beharrlichkeit und sein Nachhaltigkeitsverlangen, seine ganze Akribie. Für mich gäbe es jetzt zwei Möglichkeiten: Mozarts vermutete Koprolalie – sein Dreck, schmeck, leck – oder die Lactatio des Heiligen Bernhard. Beide nicht fern von guten oder schlechten Witzen und Geistern in der Maschine. Aber damit würde ich wohl alle langweilen. Um das Prinzip zu durchkreuzen, ende ich mit einem Gerücht: Bis heute habe ich nicht bereut, meinen Flügel im Meer versenkt zu haben, sagte ein sendungsbewusster Pianist lange nachdem er seine Karriere beendet hatte. Das war als Geste der Nachhaltigkeit unmissverständlich, aber vielleicht auch nur ein guter oder schlechter Witz. _ Eine Sammelstelle der Abneigungen. Wenn die jemand daraufhin zu überprüfen wüsste, dass am Ende das reine Destillat übrigbliebe: Die Perfektion der Unangepasstheit. Die darin enthaltenen Kräfte liessen sich zu einer Art Herzenskompass bündeln, der immer die eine Richtung anzeigt, deutlich lesbar für alle: Da ist Norden, da ist der Gegenentwurf und dann fährt man doch lieber nach Süden, oder weit in den Westen. Es gibt die ganze Welt gespiegelt im Tourismus. Alle Wege und alle Alternativen hat der Tourismus bereits ausprobiert. Überall schon probegelegen und die Betten für den nächsten aufgeschüttelt. Touristen sind zwischen 30 cm und 272 cm groß, also im Mittelwert genau 151 cm. I always played the 1,52 metercharacter, from Penguin in Batman to Twins with Arnold Schwarzenegger. Mit dieser Körpergrösse lässt es sich in jedem Hotelbett bequem liegen; Danny DeVito liegt überall bequem. Für ihn und alle anderen aber gibt es neben Einzelbetten auch Twin- und Doppelbetten, King- und Queensizebetten. Hinzu kommen die unterschiedlichsten Regionalismen des Liegens: Von Hänge- bis Bastmatten. Für auswärts Schlafende bietet sich ein unüberschaubares Potenzial, oft maskieren sich die unzähligen Möglichkeiten des Liegens. Gibt es Daunendecken oder ist man eingeklemmt zwischen Leinentuch und Wolldecke? Schlafsack mitbringen? Gibt es ein Bidet oder muß man sich selber etwas dafür einfallen lassen? Jeder Reise liegen solche Notwendigkeiten zugrunde und selbst die asketische Speerspitze des Reisens empfiehlt noch Geld, Reisepass, Zahnbürste. Wenn die in Richtung Norden aufbrechen oder ganz weit in den Süden fahren, dann packen sie immer Reisepass, Zahnbürste und ihr Zahlungsmittel ein. Denn jenseits dieser Grenze steht man mit nacktem Arsch im Wind und da bleibt auch keine Möglichkeit für die Speerspitze Speerspitze zu sein. Das Distinktionsbedürfnis der Asketen ist eigentlich einfach zu befriedigen und deshalb so groß. Meistens beschreiben sich die Leitlinien der Entsagung anhand des Unverzichtbaren – eben Geld, Pass, Zahnbürste. In seltenen Fällen durch all das was fehlen muss, so dass man sich wohlfühlt. Das aber hat einen verschwenderischen Zug; eine Exzentrik, die ein verschenktes Königreich genüsslich abschreitet: Das alles hier brauche ich nicht! Diese Listen müssen natürlich sehr umfangreich sein, um bis in die Askese vorzudringen. Oft sind sie zu ungenau und verfehlen dadurch ihren Zweck. Weitaus präziser sind imperative Entsagungsformeln, etwa: Behalte nur, was am Körper getragen wird zu einem willkürlichen Moment oder Wirf alles ins Feuer bis zu deinen Schuhen. Die Geschichte des Entbehrens wird schon bei Asterix über das Geld erzählt. Moralelastix ist die Gier ins Gesicht geschrieben, er spielt ein intregantes Doppelspiel mit Römern und Galliern. Asterix wird unehrenhaft aus seinem Dorf verbannt, weil er versagt hat die Sesterzen des Moralelastix zu bewachen. Um seine Schuld zu begleichen durchläuft der kleine Gallier – begleitet von seinem Freund Obelix – die Abgründe der entfesselten Ökonomie. Prekäre Arbeitsbedingungen, Glückspiele und ein gescheiterter Banküberfall entmutigen den Richtigmacher. Der Schluss hingegen ist dafür umso ekstatischer; hier fallen Moral und Verschwendung zusammen und die Sesterzen regnen auf die Freibeuter herunter. Darüberhinaus wird, wer die Antike in ihrem ästhetischen Erneuerungswillen unterschätzt und deren Handlungsmöglichkeiten überschätzt, vom Theatermann Eleonoradus eines besseren belehrt: Ich will die dramatische Kunst erneuern! Wir haben eine Botschaft. Eine Sendung. Wir müssen unser Publikum schockieren. Herausreißen aus seiner Lethargie! Alles muss spontan sein! (…) Und jetzt nochmal von vorn. Jeder an seinen Platz, an die markierte Stelle. Und bei der anschliessenden Publikumsbeschimpfung dann: Ihr seid häßlich! Wir alle sind häßlich, aber weniger häßlich als Ihr! |
DANKE NIKLAS!
13.6.2010
my Guest Diana Tjarkasi and her „The Most Incredible Thing“ Exibition
mit Loretta Fahrenholz, Martin Hotter, Niklas Lichti (Performance), Lone Haugaard Madsen (Konzert), Till Megerle, Florian Rossmanith, Nadim Vardag, Catharina Wronn, Jutta Zimmermann
DANKE DIANA!
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